Viel wurde bereits über die Sony a7R II geschrieben, es gibt zahlreiche Video-Beiträge und Blog-Artikel über das neue Sony-Flaggschiff. Besonders in der Zeit zwischen Vorstellung und Verkauf der Kamera gab es einen extremen Hype um die a7R II. Nachvollziehbar, die Kamera ist ein Optionsmonster: Sie kann 4k und ist auch so sehr gut für Video-Aufnahmen geeignet. Sie bietet nach der Canon 5Ds(r) die aktuell zweithöchste Auflösung, ist die erste Vollformat-Kamera mit rückbeleuchtetem Sensor, ist handlich und dennoch funktional und bietet mit optional zukaufbaren Adaptern die Möglichkeit, nahezu jedes Fremdobjektiv sowie alle Sony A-Mount-Objektive zu verwenden.
In diesem Artikel geht es um meine Erfahrungen als Hobby-Fotograf, dies ist kein offizieller Test.
Vor ein paar Wochen hatte ich an dieser Stelle schon einmal berichtet, dass ich von meiner bisherigen Cropformat-Kamera Sony SLT-A77* auf eine Vollformat-Kamera wechseln möchte. Nach meinem kleinen Feld-Test hätte ich mich im Vergleich zwischen der Canon EOS 5D Mark III*, der Nikon D810* und der Sony a7 II* für die Sony entschieden. Damals war die Sony a7R II gerade vorgestellt worden. Seit nunmehr fast sechs Wochen arbeite ich nun mit meiner neuen Sony a7R II. Sie ist es am Ende vor allem aus diesen fünf Gründen geworden:
- Die bessere ISO-Empfindlichkeit.
- Die höhere Pixel-Auflösung (besonders dann spannend, wenn man vor allem bei Architektur-Aufnahmen Bilder beschneidet und sie dennoch in einer hohen Auflösung haben möchte).
- Die 4k-Option (mit Video kenne ich mich nicht gut aus, möchte hier aber mehr machen).
- Das deutlich geringere Gewicht als Systemkamera im Vergleich zu Spiegelreflex-Kameras.
- Und schlussendlich war ich ein bisschen angefixt vom Marketing-Hype 😉
Zusammen mit dem Body habe ich mir als erstes und bisher einziges Objektiv das Sony Vario-Tessar T 16-35mm F4* gekauft.
Positives
Kurz und schmerzlos: die Kamera begeistert mich immer wieder, seit dem ich mit ihr fotografiere und sie auf meinen Touren dabei habe. Sie fühlt sich zwar erstaunlicherweise schwerer an als die reinen Zahlen hergeben, bleibt aber sehr kompakt. Dabei liegt sie sehr gut in meiner Hand und ist problemlos bedienbar (abgesehen vielleicht vom Movie-Button, dazu mehr unter Negatives). Bei der Wahl der Objektive sollte aber auf eine gewisse Gewichts-Balance zwischen Body und Objektiv geachtet werden, damit das Gesamtpaket nicht zu stark nach vorn kippt. Das ist selbst beim Vario-Tessar T 16-35mm schon ein Thema.
Wichtigstes Kriterium einer Kamera: die Foto-Qualität. Die a7R II liefert atemberaubende Fotos, die richtige Bedienung und Kenntnis vorausgesetzt. Ein paar Beispiel-Fotos habe ich beigefügt — 3 unbearbeitete Versionen direkt out-of-cam sowie 1 Version unbearbeitet / leicht bearbeitet.
Alle Fotos finden sich als unveränderte, vollständige und nicht verkleinerte RAW-Datei in meiner Dropbox: https://www.dropbox.com/sh/4rip31p6sghopdu/AADJVffAqtNW4w1S30eScXuja?dl=0.
Beispiel-Fotos

Leicht bearbeitet (Rausch-Korrektur): Sony a7R II mit Sony FE 16-35mm F4 ZA OSS
ISO 6.400 | 16mm | f/5.6 | 1/3sec
Es ist für mich immer noch erstaunlich, was die Kamera bei schlechten Lichtverhältnissen durch einen höheren ISO-Wert ausgleichen kann. Klar, dem sind natürlich irgendwann Grenzen gesetzt in Form von viel Rauschen im Foto. Meine Erfahrungen zeigen, dass sich erst ab ISO 6.400 das Rauschen deutlicher bemerkbar macht — bei Werten unter ISO 6.400 lässt sich jedes Rauschen durch entsprechende Nachbearbeitung zum Beispiel in Lightroom gut ausgleichen. Das folgende Foto des Bundesverfassungsgerichtes aus meinem Karlsruhe-Album habe ich ohne Stativ fotografiert — früher wäre das mit meiner Sony SLT-A77 nur als Langzeitbelichtung mit vernünftigen Ergebnissen möglich gewesen:

Sony a7R II mit Sony FE 16-35mm F4 ZA OSS
ISO 2.000 | 23mm | f/8 | 1/10sec
Erstaunlich ist auch, welchen Dynamik-Umfang die geschossenen Fotos als RAW liefern — Höhen und Tiefen lassen sich problemlos verbessern und Details gerade aus den Tiefen herausholen, die ohne Bearbeitung nicht zu sehen waren. Oft wird geschrieben, dass HDR-Aufnahmen in Reihenbelichtung mit der a7R II unnötig seien. Das sehe ich ein wenig anders, meine Erfahrung zeigt beispielsweise bei der Aufnahme von Sonnenuntergängen, dass eine Reihenbelichtung noch einmal bessere Ergebnisse liefert.
Nicht unschuldig an all dem ist auch das Objektiv, das ein perfekter Begleiter der a7R II ist und für Landschafts- und Architektur-Fotografen aus meiner Sicht ein absolutes Muss ist. Die beiden liefern bei Landschaftsaufnahmen mit entsprechender räumlicher Weite und Tiefe knackig scharfe Fotos, wo sich in der Foto-Vollansicht selbst weit entfernte Dinge perfekt ausmodelliert sind, da ist nichts schwammig (die richtige Tiefenschärfe vorausgesetzt).
Im meinem Kamera-Test hatte ich mich etwas schwer getan mit den Canon- und Nikon-Kameras, weil dort der Sony-analoge Liveview fehlt. Der ist hier natürlich so perfekt wie immer. Ein Knüller aber ist der Viewfinder, der nicht nur der größte seiner Art im Vergleich zur Konkurrenz ist, sondern ein gestochen scharfes Bild zeigt. Kein Wunder, immerhin ist er ein XGA OLED Monitor mit Zeiss T*-Beschichtung, was die Reflexionen minimiert. Ein Plus des Liveviews ist bei der Sony, dass sie für manuelle Fokussierung ein paar kleine Helferlein mitliefert. Eines davon ist die farbige Schraffierung scharfer Stellen im Liveview und Viewfinder. Damit wird sehr gut deutlich, wo aktuell der Schärfepunkt liegt. Ein zweites Helferlein ist die Möglichkeit, im Liveview / Viewfinder beim Bewegen des Fokusrings eine verschiebbare Vergrößerung (wie eine Lupe) anzuzeigen. Als Fotograf habe ich somit die perfekte Kontrolle über die richtige Fokussierung und Schärfe meines Fotos (mit Abstrichen, siehe unten).
Großartig ist die Möglichkeit, mit der Kamera HD- und 4k-Videos aufzunehmen. Ich filme (noch) extrem selten, meine bisherigen Tests zeigen aber wirklich tolle Ergebnisse.
Negatives
Drei Punkte stören mich bei der Sony a7R II wirklich sehr. Starten wir mit dem Punkt, der beim Kauf als erstes auffällt – der Preis, holla die Waldfee. Allein der Body kostet 3.499 € (UVP) und ist damit kein Leichtgewicht. Der Kostenfaktor bleibt auch nach dem Kauf des Bodys ein Thema, da die Kamera mit ihren 42 MP im Vollformat entsprechend hochwertige Objektive voraussetzt.
Der Preis ist noch irgendwie verschmerzbar, das Menü ist es nicht. Das ist wirklich grottig und ein Beispiel mangelhafter Benutzerführung. Klar, man findet sich irgendwie zurecht — aber die Vielzahl an Einstellungen und Möglichkeiten der Kamera sowie die oft vollkommen unlogisch sortierten Einträge machen die Suche einer bestimmten Einstellung in vielen Fällen zu einer unfassbar nervtötenden Aufgabe. Hier muss Sony unbedingt und schnell nachbessern. Die anpassbaren Buttons machen das ein wenig erträglicher, wirklich lösen können sie das Problem natürlich nicht.
Ja, und dann haben wir noch die Batterie und ihre Nutzdauer — oder vielmehr die Frage: Wie lang hält sie durch? Tja…
An dieser Stelle könnte ich eigentlich aufhören und es wäre fast alles gesagt. Die Batterie hält nicht lange durch, was nicht nur ein Schock für alle DSLR-Umsteiger ist, sondern auch für Leute wie mich. Problematisch sind hier zwei Dinge: ein elektronischer Viewfinder sowie der permanente Einsatz von Liveview zehren natürlich Energie. Gleichzeitig ist die Batterie deutlich kleiner als beispielsweise bei den A-Mount-Kameras von Sony. Bei meiner A77 (und auch der SLT-A55 davor) war ich es gewöhnt, relativ weit in den Tag mit einer Batterieladung zu kommen, ohne große Einschränkungen. Die Leistung der mitgelieferten Batterien sieht leider anders aus; immerhin packt Sony gleich zwei davon in den Karton. Ich habe an einem Abend schon mal 1,5 Batterieladungen verbraucht, wenn eine 4k-Aufnahme dazu kommt kann man zuschauen, wie die Prozentwerte der Batterieladung schwinden. Nach meinem Gefühl sollte Sony bei der nächsten A7-Generation etwas Kompaktheit im Body aufgeben und dafür größere Batterien verbauen.
Die weiteren Punkte fallen nicht mehr so stark ins Gewicht. Der manuelle Fokus (aber auch in Teilen der Autofokus) ist bei schlechten Lichtverhältnissen oft ein Ratespiel. Zwar wird wie oben erwähnt beim Fokussieren das Bild im Liveview vergrößert und der Fokussierbereich in Metern angezeigt, der ist aber im Dunkeln bei einer großen Tiefe im Bild kaum verwendbar (der Fokussierbereich hat dann ein gefühlt unendliches Unendlich).
Die Position des Movie-Buttons finde ich persönlich etwas ungeschickt gewählt, er lässt sich ohne hinzuschauen kaum betätigen.
Mir persönlich fehlt in der Kamera ein GPS-Modul, damit ich nicht nachträglich jedes Foto mit den passenden GPS-Koordinaten nachbearbeiten muss. Die Daten müssen ja überhaupt erst einmal gefunden werden, eine oft mühselige Aufgabe.
Auch wenn die 4k-Videofunktionalität toll ist, hat sie doch zwei Nachteile: mit der Sony a7R II lassen sich 4k-Videos mit einer Höchstlänge von 30 Minuten aufnehmen. Ist die Zeit erreicht, muss gestoppt und eine neue Aufnahme gestartet werden. Zweiter Nachteil: die Kamera wird bei 4k schnell wirklich sehr warm. In der Hand gehalten macht das dann sicher überhaupt keinen Spaß mehr, ich habe bislang nur mit Stativ 4k gefilmt — somit war das okay.
Zum Objektiv: Ein kleiner und verschmerzbarer Nachteil ist, dass aufgeschraubte Filter bei 16mm zu einer deutlich sichtbaren Vignettierung führen. Ich habe beispielsweise mit meinen ND-Filtern von Benjamin Jaworskyj Probleme:

Klar erkennbare Vignettierung im Bild bei Verwendung eines aufgeschraubten Filters zwischen 16 und 17mm.
Das Problem lässt sich einfach lösen: ab 17mm ist keine Vignette mehr zu sehen, eine passende Beschneidung des Fotos reicht auch.
Fazit
Kurz und schmerzlos: Absolut klare Kauf-Empfehlung! Wer das Geld investieren möchte und die Kamera tatsächlich nicht als Urlaubs-Knipse einsetzen möchte, ist mit der Sony a7R II sicher sehr gut beraten. Nichts desto trotz empfehle ich, vor Kauf die Beratung in einem Fachgeschäft zu suchen und die Kamera einfach selbst mal auszuprobieren.
Test, Reviews, etc. anderswo:
- Photography Blog: Sony A7R II Review
- Krolop & Gerst: Sony Flagschiff Alpha 7r II im großen Praxistest
Videos auf YouTube
Review von Krolop & Gerst:
Review der Kamera durch Pavel Kaplun:
* Amazon Affiliate-Link
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